Haben Sie sich schon einmal gefragt, wo es verkehrspsychologische Untersuchungen überhaupt gibt und wie sie anderswo durchgeführt werden? In unserer Blogserie „Willkommen in der Welt der Verkehrspsychologie“ wollen wir einen Blick in andere Länder werfen. Heute stellt uns eine Gastautorin ihre Arbeit in der Slowakei vor.
Wer muss sich einer verkehrspsychologischen Untersuchung unterziehen?
Bewerber und Bewerberinnen um einen Führerschein der Klassen C1, C1E, C, CE, D1, D1E, D und DE sind gesetzlich verpflichtet, sich einer verkehrspsychologischen Untersuchung zu unterziehen. Fahrerinnen und Fahrer, die bereits im Besitz dieser Führerscheine sind, müssen sich bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres alle fünf Jahre und danach alle zwei Jahre einer verkehrspsychologischen Untersuchung unterziehen. Diese Vorschriften gelten sowohl für Privatfahrerinnen und Privatfahrer als auch für Fahrerinnen und Fahrer von Einsatzfahrzeugen, von Gefahrenguttransporte und von Kraftfahrzeugen, die für Liefer-, Taxi- oder Postdienste eingesetzt werden.
Bei einem Führerscheinentzug aufgrund von Verkehrsverstößen entscheidet das Straßenverkehrsamt über die Rückgabe des Führerscheins und die durchzuführenden Untersuchungen, wie etwa ein psychologisches, medizinisches oder psychiatrisches Gutachten. Letzteres wird vor allem in Fällen von Trunkenheit am Steuer verlangt.
Vor der Begutachtung
Vor der verkehrspsychologischen Untersuchung muss die zu untersuchende Person den Personalausweis, Führerschein oder eine ärztliche Anordnung zur Untersuchung vorweisen. Um eine faire und aussagekräftige Untersuchung zu gewährleisten, muss die zu untersuchende Person bestätigen, dass sie in guter geistiger und körperlicher Verfassung ist, unmittelbar vor der Untersuchung keinen Alkohol, keine Betäubungsmittel oder andere Suchtmittel konsumiert hat und in den letzten drei Monaten bei keiner anderen verkehrspsychologischen Untersuchung für fahruntüchtig befunden wurde. Nur wenn diese Bedingungen erfüllt sind und dies durch die Unterschrift bestätigt wird, kann die Untersuchung durchgeführt werden.
Gemessene Dimensionen und verwendete Methoden
Die verkehrspsychologische Begutachtung konzentriert sich im Allgemeinen auf drei Bereiche: Leistungsmerkmale, Persönlichkeitsdispositionen und Anamnese.
Zu den Leistungsmerkmalen zählen die allgemeinen intellektuellen Fähigkeiten, die Stresstoleranz, die psychomotorische Geschwindigkeit, die sensomotorische Reaktionsfähigkeit und Koordination sowie das Gedächtnis. Bei Fahrern und Fahrerinnen von Einsatzfahrzeugen oder Gefahrenguttransporter müssen auch die visuelle Wahrnehmung und die schnelle Erfassung visueller Reize bewertet werden. Jede dieser Dimensionen wird mit einem speziellen psychologischen Test erhoben, der an der Population der Fahrer und Fahrerinnen normiert wurde, und dessen Normen nicht älter als 15 Jahre sind.
Die Persönlichkeitsdispositionen werden zum Teil mit psychologischen Fragebögen erhoben, aber auch durch ein psychologisches Interview erfasst. Für das Bestehen oder Nichtbestehen dieses Teils sind keine strengen Kriterien gesetzlich festgelegt. Einige Dispositionen gelten jedoch in der Regel als Kontraindikationen, z. B. unangemessene Selbsteinschätzung, emotionale Labilität, überwiegend unangepasste Bewältigungsstrategien in Lebenssituationen, mangelnde rationale Verhaltensregulation oder geringe Frustrationstoleranz.
Was die Durchführung dieser psychologischen Tests betrifft, so kann der Psychologe bzw. die Psychologin zwischen Papier-Bleistift Verfahren und digitalen Testverfahren frei wählen. Eine Ausnahme bildet die Dimension Stresstoleranz, die digital erfasst werden muss. Daher entscheiden sich viele slowakische Psychologen und Psychologinnen für eine Testung mit dem Wiener Testsystem, das sowohl digitale Tests für Leistungsmerkmale als auch für Persönlichkeitsdispositionen bietet.
Am Ende der verkehrspsychologischen Begutachtung bezieht die Psychologin bzw. der Psychologe alle erhobenen Befunde (Leistungs- Persönlichkeitsmerkmale sowie die medizinischen Vorgeschichte des Fahrers) in die Entscheidung über die Eignung oder Nichteignung mit ein.